Handschriftenbeschreibung: Unterschied zwischen den Versionen
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Mittelalterliche und neuzeitliche Handschriften sind gleichermaßen kulturhistorische Dokumente und Dokumente der [[Überlieferung|Textüberlieferung]]. Ihr Aussagewert beschränkt sich daher nicht allein auf den [[Text]]. Die detaillierte und analysierende Beschreibung von [[Manuskript|Handschriften]] hat in vielen Fällen zum besseren Verständnis des überlieferten Textes, zur Datierung oder zur Identifizierung beigetragen. Bei der Beschreibung von Handschriften ist nicht nur von ihrem jeweiligen historischen Entstehungskontext auszugehen, sondern auch ihr medialer Stellenwert und ihre Funktion für den durch sie überlieferten [[Text]] ist zu berücksichtigen. Während es für die Beschreibung mittelalterlicher Handschriften allgemein verbindliche Richtlinien gibt, die durch die große methodologische und praktische Tradition der [[Handschriftenkunde]] begründet wurden und von Editoren übernommen werden, fehlen solche Standards für neuzeitliche Handschriften oder sind nur aus entsprechenden Handschriftenkatalogen bzw. Editionen abzuleiten. | Mittelalterliche und neuzeitliche Handschriften sind gleichermaßen kulturhistorische Dokumente und Dokumente der [[Überlieferung|Textüberlieferung]]. Ihr Aussagewert beschränkt sich daher nicht allein auf den [[Text]]. Die detaillierte und analysierende Beschreibung von [[Manuskript|Handschriften]] hat in vielen Fällen zum besseren Verständnis des überlieferten Textes, zur Datierung oder zur Identifizierung beigetragen. Bei der Beschreibung von Handschriften ist nicht nur von ihrem jeweiligen historischen Entstehungskontext auszugehen, sondern auch ihr medialer Stellenwert und ihre Funktion für den durch sie überlieferten [[Text]] ist zu berücksichtigen. Während es für die Beschreibung mittelalterlicher Handschriften allgemein verbindliche Richtlinien gibt, die durch die große methodologische und praktische Tradition der [[Handschriftenkunde]] begründet wurden und von Editoren übernommen werden, fehlen solche Standards für neuzeitliche Handschriften oder sind nur aus entsprechenden Handschriftenkatalogen bzw. Editionen abzuleiten. | ||
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* Format (angegeben in Höhe x Breite in Millimetern) im Sinne der Schreibrichtung | * Format (angegeben in Höhe x Breite in Millimetern) im Sinne der Schreibrichtung | ||
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* Siebmerkmale, um die Herstellungsart des Papiers zu beschreiben | * Siebmerkmale, um die Herstellungsart des Papiers zu beschreiben | ||
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* Marianne Bockelkamp, Analytische Forschungen zu Handschriften des 19. Jahrhunderts. Am Beispiel der Heine-Handschriften in der Bibliothèque Nationale Paris. Hamburg 1982, S. 21. | * Marianne Bockelkamp, Analytische Forschungen zu Handschriften des 19. Jahrhunderts. Am Beispiel der Heine-Handschriften in der Bibliothèque Nationale Paris. Hamburg 1982, S. 21. | ||
<p align='right'>[[Plachta, Bodo|pab]]</p> |
Aktuelle Version vom 13. Dezember 2016, 19:35 Uhr
Die heutige Praxis, bei Online-Editionen digitale Facsimiles beizugeben, ersetzt die Beschreibung der Handschriften nicht vollständig, kann aber durch geeignete Metadaten (digitale) ersetzt werden.
Mittelalterliche und neuzeitliche Handschriften sind gleichermaßen kulturhistorische Dokumente und Dokumente der Textüberlieferung. Ihr Aussagewert beschränkt sich daher nicht allein auf den Text. Die detaillierte und analysierende Beschreibung von Handschriften hat in vielen Fällen zum besseren Verständnis des überlieferten Textes, zur Datierung oder zur Identifizierung beigetragen. Bei der Beschreibung von Handschriften ist nicht nur von ihrem jeweiligen historischen Entstehungskontext auszugehen, sondern auch ihr medialer Stellenwert und ihre Funktion für den durch sie überlieferten Text ist zu berücksichtigen. Während es für die Beschreibung mittelalterlicher Handschriften allgemein verbindliche Richtlinien gibt, die durch die große methodologische und praktische Tradition der Handschriftenkunde begründet wurden und von Editoren übernommen werden, fehlen solche Standards für neuzeitliche Handschriften oder sind nur aus entsprechenden Handschriftenkatalogen bzw. Editionen abzuleiten.
Beschreibung mittelalterlicher Handschriften
Mittelalterliche Handschriften sind Unikate, woraus der Anspruch resultiert, sie entsprechend zu betrachten und zu beschreiben. Gleichzeitig muss die Beschreibung auch deren Vielschichtigkeit unter Hinzuziehung von Spezialdisziplinen (z. B. Paläographie, Diplomatik, Einbandkunde, Buchmalerei, Ikonographie, Bibliotheksgeschichte) beachten. Folgende Merkmale sind bei der Beschreibung mittelalterlicher Handschriften zu berücksichtigen:
- Standort mit Angabe der Signatur
- Provenienz
- Beschreibstoff mit ausführlicher Beschreibung materieller Elemente (z. B. Wasserzeichen)
- Schrift und Schreiberhände
- Blatt und Lagenzählung
- Format (angegeben in Höhe x Breite in Millimetern)
- Einrichtung der Handschrift (z. B. Spaltengliederung, Zeilenzahl pro Seite, Umfang der Initialen, Absetzung der Verse)
- Ausstattung der Handschrift (z. B. Bilder, Initialen, Wappen, Ranken, Zierstriche)
Einband
- Schreibdialekt
Beschreibung neuzeitlicher Handschriften
Neuzeitliche Handschriften (Autographe) werden nach der jeweiligen 'Hand' unterschieden. Die Niederschrift eines Textes kann durch den Autor selbst, durch einen von ihm beauftragten Schreiber oder durch einen Abschreiber erfolgen, der einen Text kopiert, ohne dazu den ausdrücklichen Auftrag des Autors zu haben. Für die Beschreibung der Handschrift ist es weiterhin von Bedeutung, ob die Textträger handschriftlich, mit der Schreibmaschine oder mit dem Computer verfasst wurden. Die so entstanden Materialien werden typologisch weiter unterschieden, indem sie mit den vielfältigen Aspekten der Textproduktion in Verbindung gesetzt werden: Notizen, Exzerpte, Entwürfe, Reinschriften, Druckvorlagen, Fahnenkorrekturen, Probenmitschnitte usw. Um dem Prozess der Textproduktion weitestgehend gerecht zu werden, hat Marianne Bockelkamp (Analytische Forschungen zu Handschriften des 19. Jahrhunderts. Am Beispiel der Heine-Handschriften in der Bibliothèque Nationale Paris. Hamburg 1982, S. 21) ein Grundschema für die Handschriftenbeschreibung vorgeschlagen, dessen Elemente jeweils nach der genetischen Funktion des Textträgers fragen:
- Vorarbeiten verschiedener Art
- Niederschriften zur eigentlichen Ausarbeitung des Textes
- Reinschriften des vollendeten Textes zur Drucklegung bzw. handschriftlichen Verbreitung.
Diese drei Hauptgruppen müssen um Textträger wie Briefe, Tagebücher, autobiographische Aufzeichnungen und diesen vergleichbare Dokumente erweitert werden. Aus archivalischer Perspektive sind wesentlich differenziertere Kriterien vorgeschlagen worden, die aber für die Handschriftenbeschreibung im Rahmen einer Edition zu unübersichtlich sind und allenfalls als Ergänzung herangezogen werden können.
Analog zur buchanalytischen Untersuchung von Drucken muss bei der Handschriftenbeschreibung der materiale Befund des Textträgers in Augenschein genommen werden. Bei Handschriften und Typoskripten werden die sichtbaren Merkmale des Textträgers beschrieben. Folgende Merkmale haben sich als praktikabel erwiesen:
- Standort mit Angabe der Signatur (die Provenienz kann ergänzt werden)
- Umfang und formale Zusammensetzung des Textträgers (z. B. Einzelblätter, Bogen, geheftete oder ungeheftete Lagen)
- Format (angegeben in Höhe x Breite in Millimetern) im Sinne der Schreibrichtung
- Papierdicke (unter Umständen mit Hilfe eines Mikrometers)
- Papierfarbe
- Siebmerkmale, um die Herstellungsart des Papiers zu beschreiben
- Wasserzeichen
- Trockenstempel
- Schreiberhände
- Schreibgerät und Schreibstoff
weitere Merkmale (z. B. Vermerke von fremder Hand, Echtheitsbestätigungen, Eintragungen von Archivaren/Bibliothekaren)
Literatur
- Marianne Bockelkamp, Analytische Forschungen zu Handschriften des 19. Jahrhunderts. Am Beispiel der Heine-Handschriften in der Bibliothèque Nationale Paris. Hamburg 1982, S. 21.