XMusicXML

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Bei MusicXML handelt es sich um ein primär als Austauschformat zwischen unterschiedlichsten Musiknotationsprogrammen etabliertes XML-Schema, das erstmals Ende 2001 von Michael Good veröffentlicht wurde (stabile Version 1.0 als DTD in 2004).

Explikation

MusicXML basiert auf den am Center for Computer Assisted Research in the Humanities (CCARH) konzipierten Sprachen MuseData und Humdrum und stellt im Wesentlichen eine Übertragung des MuseData-Formats in die damals sich rasant verbreitenden XML-Strukturen dar. Das anfangs von Michael Good über seine Firma Recordare verbreitete MusicXML ist inzwischen mit Version 4.0 das am weitesten verbreitete Schema zum Austausch von Notensatz unterschiedlichster Provenienz und wird nach Auskunft seines Entwicklers mittlerweile von über 250 Software-Programmen unterstützt. 2011 verkaufte Good seine Plugins an die Firma MakeMusic Inc., die u. a. das Notensatzprogramm Finale vertreibt. Seit 2017 wird die Weiterentwicklung von MusicXML von der W3C Music Notation Community Group betreut.

Charakteristika des Formats

Bis Version 2.0 arbeitete MusicXML noch mit Document-Type-Definitions (DTDs), im September 2008 wurde die im Jahr zuvor veröffentlichte Version 2.0 um Schema-Definitionen erweitert, wobei aus Kompatibilitätsgründen weiterhin (bis zu der im Dezember 2017 publizierten Version 3.1) auch DTDs verwendet werden konnten; erst Version 4.0 vom Juni 2021 stellte endgültig auf XSD um (https://w3c.github.io/musicxml/). Dieser Zwang zur Vorwärtskompatibilität erweist sich zwar für den praktischen Datenaustausch als sehr vorteilhaft, erfordert jedoch höheren gedanklichen Aufwand bei der vielfach nur über Umwege erreichten Definition von Erweiterungen. Ein Nutzer muss sich bei MusicXML entscheiden, ob er die ihm vorliegende Musik stimmenweise (partwise: also nacheinander jede einzelne Stimme von Takt 1 bis x) oder partiturweise (scorewise, das heißt sich von oben nach unten durch die simultan erklingenden Stimmen einer Partitur Takt für Takt fortbewegend) beschreiben will. Die Ereignisse innerhalb eines einzelnen Takts werden von links nach rechts in durch die Musik definierten Einheiten (Schlüssel, Tonart, Takt, Noten mit ihren Zusätzen) beschrieben, wobei Mehrstimmigkeit in einem System ein mehrfaches Durchlaufen des Taktes erfordert (das dazu nötige <backup>, also das jeweilige Zurückspringen an den Taktanfang ist in Anlehnung an MuseData übernommen). Die Baumstruktur von XML gerät dabei leicht in Widerspruch zu musikalischen Ereignissen (etwa Bögen), die mehrere Takte (ggf. in unterschiedlichen Gruppierungen) umfassen und so zu überlappenden Hierarchien führen, ohne die Musik aber in XML nicht beschrieben werden kann. Die hierbei eingesetzten sogenannten <milestone>-Elemente werden so in die MusicXML-Datei integriert, dass z. B. Bögen oder Balken mit start- und end-points bei den entsprechenden Noten definierbar sind. Diese ansonsten leeren Elemente bedürfen aber der Interpretation, das heißt sie treffen keine explizite Aussage über die Art des Bogens oder Balkens, sondern müssen beim Parsen der Datei erkannt und in entsprechende Anweisungen umgesetzt werden. Gegenwärtig erscheint für den Datenaustausch der Einsatz von MusicXML alternativlos. Diese marktbeherrschende Funktion führt aber auch dazu, dass das Format möglichst allgemein und flach bleiben muss, um von unterschiedlichster Notensatzsoftware verstanden zu werden. Mehrdeutigkeiten oder unterschiedliche Codierungsmöglichkeiten für gleiche Sachverhalte würden die Entwicklung von Software, die MusicXML verarbeitet, behindern. Darin unterscheidet sich MusicXML von dem auf die breite Palette der Anforderungen verschiedenartiger Musiknotation eingehenden Format der Music Encoding Initiative (MEI), das vornehmlich auf wissenschaftlichen Zwecken genügende Beschreibungsformen Rücksicht nimmt. Die Weiterentwicklung von MusicXML ist auch Gegenstand der Diskussionen innerhalb der 2015 gegründeten W3C Music Notation Community Group.

Literatur

  • Michael D. Good, MusicXML for Notation and Analysis, in: The Virtual Score: Representation, Retrieval, Restoration (Computing in Musicology, vol. 12), Cambridge und London: MIT Press 2001, S. 113–124.
  • Michael D. Good, Using MusicXML 2.0 for Music Editorial Applications, in: Digitale Edition zwischen Experiment und Standardisierung. Musik – Text – Codierung, hg. von Peter Stadler und Joachim Veit (Beihefte zu editio, Bd. 31), Tübingen: Niemeyer 2009, S. 157–173.
  • Johannes Kepper, Musikedition im Zeichen neuer Medien. Historische Entwicklung und gegenwärtige Perspektiven musikalischer Gesamtausgaben (Schriften des Instituts für Dokumentologie und Editorik, Bd. 5), Norderstedt: BoD 2011, S. 353–366.
  • Michael D. Good: MusicXML: The First Decade, in: Structuring Music through Markup Language: Designs and Architecture, hg. von Jacques Stein, Hershey: IG Global 2013, S. 187–192.

Webressourcen

• Homepage MusicXML: https://www.musicxml.com • Homepage Music Notation Community Group: https://www.w3.org/community/music-notation/ • Michael D. Good: Celbrating MusicXML’s 20th Anniversary (October 23, 2020), https://www.musicxml.com/celebrating-musicxmls-20th-anniversary/

vtj